Die Tatsache, dass der Martensmann-Brauch durch die Konvention von 1817 aufgehoben wurde, weist darauf hin, dass es sich um einen der Stadt Lübeck wenig angenehmen, ritualisierten Hoheitsakt handelte, dessen historische Quelle und berechtigtes Fortbestehen zweifelhaft war. Das volkstümliche Spektakel diente lediglich der Verbrämung eines Politikums, das die Lübecker als Beweis ihrer "nachbarlichen Freundschaft", die Schweriner hingegen als "Verpflichtung von altersher" verstanden wissen wollten. So verwundert es nicht, wenn heute sowohl Lübecker wie Schweriner Historiker davon abraten, den Brauch in altem historischen Gewand wieder auferstehen zu lassen. Die Idee dazu entstand wohl eher in den Reihen der Mecklenburgischen Landsmannschaft und unter Förderung der Ratzeburger "Stiftung Mecklenburg", die offene Ohren bei schleswig-holsteinischen Politikern fanden, denen an einem schnellen Zusammenwachsen von alten und neuen Bundesländer gelegen ist, und die sich von der Wiederbelebung alter Traditionen eine raschere "Identitätsfindung" in den neuen Bundesländern erhoffen. Dagegen wird von hiesiger Seite allem Anschein nach eine Variante favorisiert, die den Brauch lediglich als Anlass und Datum genommen sehen will, um die wünschenswerte politische und kulturelle Kooperation vom Veranstaltungscharakter her sowohl äußerlich als auch inhaltlich neu zu gestalten und auf jedes "zweifelhafte, historisierende Brimborium" zu verzichten.

Unabhängig von diesem Disens erklärte der Rehnaer Vertreter (Alvermann) das Interesse der Stadt Rehna an einer neu zu gestaltenden, volkstümlichen Wiederbelebung des Brauches und unterbreitete dafür einige Vorschläge, die von den Vertretern der Partnerstädte (18.03.92 in Ratzeburg) mit Beifall aufgenommen wurden. 

Vorschläge zum diesjährigen Martensmann-Fest am Sonnabend, den 8. November in Rehna:

Kinder empfangen den Martensmann mit einem Lampionzug am Gletzower Tor (womöglich unter Mitwirkung eines Schützenzuges und von Mitgliedern des Niederdeutschen Zirkels).
Der Martensmann entrichtet an die Schaulustigen einen Wegezoll in Form von Süßigkeiten und Münzen. Danach wird er vom Schützenkönig zum Markt geleitet, auf dem bereits der Martinsmarkt abgehalten wird. Unter anderen Verkaufsständen findet sich dort auch ein Tresen jener Lübecker Weinfirma, die den Wein des Martensmannes samt Holzfass (100 l) spenden und an die Rehnaer Rotspöhn zum Vorzugpreis ausschenken wird. Der Schützenkönig und Schmiedemeister sowie der Bürgermeister nehmen eine zeremonielle Überprüfung der Fahrtüchtigkeit des Gefährts und der Güte des mitgebrachten Weins vor. Nach der darauffolgenden förmlichen Begrüßung des Martensmanns wird dieser von den Schützen erst in den Lindenhof und dann zu seiner Unterkunft im Hamburger Hof geleitet. Währenddessen beginnen auf dem Markt, aber auch anderswo diverse Vergnügungen für Jung und Alt (s.a. Musik, Puppentheater, Literatur?).

Stadtarchiv Rehna 
Rehna, den 19. März 1992